5 Fragen an ... Behzad Karim Khani

5 Fragen an ... Behzad Karim Khani

2023 erschien dein erster Roman »Hund, Wolf, Schakal«, der als eine kleine Sensation gefeiert wurde. Es hieß, du hättest eine ganz eigene Poesie der Straße entwickelt, ohne Klischees und Pathos. Gilt das auch für deinen neuen Roman?
In »Hund, Wolf, Schakal« hatte ich vor, eine laute Geschichte leise zu erzählen. Hier hingegen ist die Geschichte leiser. Ich glaube, ich bin zärtlicher in diesem Buch. Erwachsener und auch intimer. Ich lasse mehr Verletzlichkeit zu. Die Nonchalance in Hund, Wolf, Schakal ist einer Nachdenklichkeit gewichen und ich bin etwas weniger „cool“. Eine Entwicklung, die ich auch in meinem eigenen Leben wiederfinde. Insofern würde ich sagen, dass man etwas mehr Poesie und etwas weniger Straße erwarten darf.


»Als wir Schwäne waren«, so lautet der Titel deines zweiten Buches: Worauf beziehst du dich dabei?
Im Iran nimmt Rezas Vater ihn mit auf eine Bootsfahrt durch die Sumpfgebiete am Kaspischen Meer, um aus Kilometern Entfernung einen Schwarm wilder Schwäne zu beobachten. Die Schwäne sind scheu und man kommt nicht näher an sie ran. Jahre später zieht die Familie nach Deutschland und die beiden sehen Schwäne an einem künstlich angelegten See. Schwäne, die keine Zugvögel sind. Vielleicht nicht einmal fliegen können. Die angekommen sein könnten in diesem Tümpel. Sie werfen die Frage auf, ob den Schwänen hier etwas fehlt, oder sie etwas gefunden haben, das ihre Artgenossen am Kaspischen Meer noch suchen.
Ich glaube, dass ich über die Diaspora als Heimat geschrieben habe. Die Unentschiedenheit der Schwäne schien mir da die passende Metapher.


Dein Protagonist heißt Reza, das könnte fast eine Abkürzung von Behzad sein könnte. Wie sehr erzählst du hier deine eigene Geschichte?
Ich betrachte meine Vergangenheit als einen eigenständigen und vielleicht auch lebensfeindlichen Planeten. Mit den Figuren in Hund, Wolf, Schakal habe ich Avatare auf diesen Planeten geschickt und geschaut, ob sie überleben. Jetzt habe ich mich selbst dahin getraut. Als wir Schwäne waren ist entsprechend nah an meiner eigenen Geschichte gebaut. Aber natürlich habe ich gestrafft, verdichtet, hinzugefügt und abgeändert, meine Figuren so bearbeitet, dass ich ihre Paten nicht ausliefere und ihre Geheimnisse nicht preisgebe.


Schon im ersten Absatz heißt es: »Ich glaube, dass Trennung ein Gesetz ist.« Was ist damit gemeint?
Mein Leben ist immer ein unfreiwillig Nomadisches gewesen. Auch dort, wo meine Heimat hätte sein sollen. Die ersten drei Klassen habe ich in vier verschiedenen Städten und zwei verschiedenen Ländern besucht. Ich habe Dutzende Menschen verloren, mich im Laufe meines Lebens von Hunderten verabschiedet. Vor dieser Folie ist es nicht besonders naheliegend, an Dauerhaftigkeit und Stabilität zu glauben. Auch nicht an die, die man selbst herzustellen versucht.


Dein Schreiben ist ein wenig wütender geworden, es steckt eine Kraft dahinter, die stellenweise gewaltig wirkt, aber am Ende immer den Weg ins Poetische findet. Ist Als wir Schwäne waren ein politisches Buch?
Wut ist immer ein wichtiger Teil meiner Innerlichkeit, meines Charakters gewesen. Seit ich denken kann, bin ich wütend. Wenn das in diesem Buch stärker durchkommt, dann, weil es ein persönliches Buch ist, nicht, weil es ein politisches ist. Ich werde niemals ein politisches Buch schreiben und es Roman nennen.


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